Dr. Sina Schürer, Prof. Dr. Stefanie van Ophuysen und Sophie Marticke, M.A.
Soziale Partizipation durch Kohäsion
Ein Projekt zur Verbesserung sozialer Partizipation durch die Stärkung des Klassenzusammenhalts in inklusiven Grundschulklassen
Zusammenfassung
In unserem von der DFG geförderten SoPaKo-Projekt (Soziale Partizipation durch Kohäsion) haben wir uns mit der Verbesserung sozialer Partizipation in der Grundschule beschäftigt. Soziale Partizipation ist ein zentrales Ziel inklusiver Beschulung. Empirische Forschung zeigt jedoch, dass soziale Partizipation aller Kinder nicht allein durch inklusive Beschulung gesichert werden kann. Schwache Schulleistungen und Verhaltensprobleme stellen dabei einen Risikofaktor dar, allerdings mit deutlichen Unterschieden zwischen Schulklassen. In unserem Projekt haben wir eine schulische Interventionsmaßnahme entwickelt, welche bei der Schulklasse als Ganzes ansetzt. Der Fokus auf die Klasse als Ganzes erscheint mit Blick auf den inklusiven Grundgedanken besonders passend, da das (negative) Herausheben Einzelner und Stigmatisierung auf diese Weise vermieden wird. Zielvariable ist die Gruppenkohäsion, also der Zusammenhalt der Klasse.
In einer wissenschaftlichen Publikation, die in der Zeitschrift für Grundschulforschung veröffentlicht wurde, gehen wir folgenden Fragen nach: Zeigen sich Unterschiede in der sozialen Partizipation je nach Art des Unterstützungsbedarfs (Verhaltensauffälligkeiten vs. Lernschwierigkeiten)? Inwiefern können Unterschiede in der sozialen Partizipation durch Unterschiede in der Klassenkohäsion erklärt werden? Für Daten einer standardisierten Befragung von rund 1000 Grundschulkindern aus 45 Klassen wurden hierarchische Regressionsmodelle angepasst. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sowohl Kinder mit auffälligem Verhalten als auch Kinder mit schwachen Schulleistungen seltener als präferierte Spiel- und Arbeitspartner*in benannt werden als ihre Mitschüler_innen. Weiterhin werden Kinder mit auffälligem Verhalten – nicht aber leistungsschwache Kinder - öfter explizit abgelehnt. Damit kann geschlossen werden, dass zur Erreichung des Inklusionsziels der gelingenden sozialen Partizipation aller Schüler_innen Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf im emotional-sozialen Bereich verstärkt in den Blick genommen werden sollten, da sie häufig von expliziter Ausgrenzung betroffen sind. Weiterhin zeigt sich, dass in Klassen mit hoher Kohäsion die Partizipation insgesamt besser gelingt. Mit der Förderung der Kohäsion der Klasse ist somit eine Stellschraube gefunden, die Einfluss auf die Akzeptanz und Ablehnung nimmt, ohne das individuelle Kind zu fokussieren und somit ggf. zu stigmatisieren.
Neben wissenschaftlichen Publikationen wurde im Rahmen des SoPaKo-Projektes auch ein Praxisratgeber für Lehrkräfte publiziert (scolix Verlag). Dieser beschreibt unser Programm zur Stärkung des Klassenzusammenhalts, das leicht im Schulalltag umgesetzt werden kann und macht Vorschläge für abwechslungsreiche Paar- und Gruppenaktivitäten, welche den Zusammenhalt in den Klassen fördern.
Schürer S., van Ophuysen S. & Marticke S. (2022). Sind schwache Leistung und auffälliges Verhalten immer ein Risiko für gelingende Partizipation? Zur Rolle von Kontext und Klassenkohäsion. Zeitschrift für Grundschulforschung, 15, 101-118. doi: 10.1007/s42278-021-00130-x.
Schürer, S., van Ophuysen, S. & Marticke, S. (2022). Starke Klasse! – Das Komplettpaket: Ein Programm zur Stärkung des Klassenzusammenhalts mit Praxisratgeber und Aktivitätskartenset. scolix.